Montag, 22. Oktober 2007

Persönlicher Messerückblick

Nun ist sie auch schon wieder vorbei, die schönste Zeit des Jahres. Leider konnten und wollten wir dieses Jahr nur Donnerstags und Freitags auf der Messe verweilen, da uns letztes Jahr der Samstag total abgetörnt hat.
Donnerstag als erstes zu Czech Games Edition gestürmt um mir den Sechsstädtebund anzusehen. Tische waren natürlich schon vergeben, also schaute ich ne halbe Stunde zu und warf einen Blick auf die Regeln. Scheint sehr sehr gut zu sein, wenn auch nur Aufgewärmtes neu zusammengesetzt.
Danach standen ein paar Termine mit Verlagsvertretern bezüglich meiner Prototypen an, die mir sehr wichtig waren. Erst ab ca. 15 Uhr gings dann ans Weiterspielen und testen.
Bei Amigo konnte Patrizier getestet werden. Ein sehr einfaches Spielchen bei dem man Dächer auf Bauplätze setzt und damit wieder bestimmte Karten nachziehen darf. Wenn eine Stadt vollbesetzt ist werden die Punktechips verteilt und nach gut 30 Minuten sind auch schon alle Karten durchgespielt. Ein lockeres Spiel für die gemütliche Absackerrunde ohne viel Einfluss: Geht so.
Hamburgum, das dritte Spiel von Mac Gaerts, welches das Rondell zur Aktionsvergabe nutzt wurde durchgespielt. Alles in allem nette Ideen, (abgesehen von der grausligen Grafik) schönes und wertiges Material, aber für mich kein Überflieger. Beim zweiten Spiel des Verlags Cuba war kein Platz zu bekommen. Im Vorbeigehen hatten wir einen Platz bei den Holländischen Emma Games bekommen und Wadi gespielt. Der Stand wurde vom Autor und vermutlich seiner Lebensgefährting betreut. Alles war liebevoll dekoriert und gut auf die Messe vorbereitet. Die Grafik beschränkte sich auf Buntstiftzeichnungen. Das Spiel selbst soll einen Dreistromfluss simulieren, aus dem die Spieler Wasser in die Wüstenlandschaft pumpen um am Spielende für bewässerte Felder Punkte zu bekommen. Leider ist das Ganze absolut abstrakt und an den Haaren beigezogen und nach ca. 20-30 Minuten vorbei. Sehr bemüht aber insgesamt durchgefallen bei uns. Es bleibt den beiden zu wünschen, dass sie nicht auf ihrer ganzen Produktion sitzenbleiben.
Bei Darjeeling von Abacus geht es darum, Teekisten bzw. Teile davon zu sammeln und zu komplettieren um diese dann möglichst effektiv zu verkaufen. Für einen Verkauf erhält man dann sofort ein paar Siegpunkte und dann zu beginn seines Zuges jede Runde wiederholt - je nachdem, wieviel die anderen Spieler inzwischen verkaufen konnten. Wer zuerst die 100 Punktegrenze überschreitet beendet das Spiel. Angefangene Kisten bringen noch Minuspunkte.
Die Siegpunktvergabe ist sehr gelungen und fast schon innovativ. Das Teekistensammeln dagegen recht öde und langweilig. Durchschnittliches Spielvergnügen, für Familien möglicherweise sehr ansprechend.
Abends wurde dann noch Jantaris gespielt, ein neues Spiel von Czech Board Games, die im letzten Jahr mit Through the Ages mächtig abgeräumt haben. Es geht darum mithilfe von Einflusspöppeln Mehrheiten in verschiedenen Gebieten zu bekommen um dadurch Auftragskarten, die Siegpunkte bringen abzugreifen. Daneben gibt es noch Klötze in 2 verschiedenen Farben (Rohstoffe?) mit denen man Karten ersteigert, die ebenfalls Punkte sowie andere Vorteile geben. Leider ergeben sich einige Aktionen erst, nachdem alle Spieler gleichzeitig ihre Aktionskarte gespielt haben. Je nachdem wie oft die einzelne Karte dann in der Runde vorkommt ändert sich das gewünschte Ereignis. Zurück bleibt ein zähes Ringen um jeden einzelnen Punkt fast gänzlich ohne gezielte Einflussnahme, das sich über 2 Stunden ziehen kann. Totaler Flopp! Danach konnte ich noch ein paar Leute "überreden" den König von Siam von meinem Bekannten Peer Sylvester zu spielen. Hier trat der ungewöhnliche Fall ein, dass kurz vor Schluss kein einziger Einflussstein mehr auf dem Brett lag. Die Wertungsreihenfolge war wohl zu unvorteilhaft. Das Spiel kam recht gut an, allerdings ist es wohl besser mit einer 3er Runde anzufangen, als gleich mit dem Partnerspiel zu starten. Für mich ist König von Siam jetzt schon besser, als alles was ich sonst Donnerstag spielen konnte.
Am nächsten Messetag war der erste freie Tisch bei Truant (Kingsburg) zu bekommen. Um möglichst vielen Leuten die Möglichkeit zu geben das Spiel zu testen, spielte jede Gruppe am Tisch nur 2 von 5 Jahren, was auch OK ist, denn so hat man den Ablauf verstanden und ein Gefühl für das Spiel. Alle Spieler würfeln mit 3 Würfeln und dürfen dann diese Würfel auf den 18 Zahlenfeldern verteilen. Man hat dabei die Wahl, ob man alle Würfel zusammen auf ein Hochwertiges Feld setzt, oder ob man sie teilt und auf verschiedene Felder legt. Dabei kann es aber passieren, dass man ein Feld weggeschnappt bekommt und man so leer ausgeht. Die Felder liefern Rohstoffe, Siegpunkte oder Vorteile für den späteren Verlauf. Danach kann man durch Gebäude seine Möglichkeiten verbessern. Am Rundenende greift ein Monster (ganz im Stile eines Fantasyspieles) das Reich an und die Spieler müssen sich verteidigen, sonst verlieren sie Güter, oder sogar Gebäude. Durch den sehr pfiffigen Würfelmechanismus ein interessantes Spiel, allerdings stört ein wenig das thematische Durcheinander... entweder strikt Mittelalter, oder Fantasy - nicht so ein Mischmasch. Kingsburg ist ein recht gutes Spiel zum stolzen Preis. Ich weiß allerdings nicht, ob der Mechanismus die ganzen 5 Runden trägt.
Von einem Freund wurde mir Die Wiege der Renaissance empfohlen. Das erste Kartenbrettspiel von dem Fränkischen Fantasyverlag DDD. Man nimmt entweder Karten aus einer Auslage, oder legt selbst welche vor sich aus. Dann übt man mit seinen Steinen Einfluss auf bestimmte Karten in einer anderen Auslage aus. Zwischen den Mitspielern liegen ebenfalls Karten, auf denen man sich mit den Nachbarn duellieren kann. Es gibt diverses zu beachten und die 2 Arten der Konflikte sind nicht gerade sehr eingängig im ersten Spiel. Deshalb mussten wir auch dauernd nachfragen. Während dem Spiel bekommt und verliert man seine Einflusssteine an die anderen Spieler und am Ende (das recht schnell kommen kann) gewinnt der Spieler mit den meisten Einflusssteinen insgesamt. Ein recht komplexes und leider auch unnötig verkompliziertes Spiel mit guten Ansätzen, aber leider nicht mehr. Das Thema wurde hier ein weiteres Mal versemmelt.
Bei Schmidt/Hans im Glück konnten wir gemütlich die beiden HIG Neuheiten testen: Bei Ming Dynastie entscheidet man sich zuerst für bestimmte Provinzen, in denen man seine Gefolgsleute einsetzen will, dann nimmt man die Bewegungskarten, die man meint zu brauchen und dann bringt man diese Gefolgsleute aufs Brett (wofür man Plättchen bekommt). Durch Mehrheiten bekommt man seine Leute aus den Provinzen ins Stadtzentrum (Kloster?) und dort erwarten einen dann Siegpunkte. Nach 6 Runden mit 3 Wertungen ist der Spaß dann vorbei. Elfenland und Hermagor lassen grüßen, wobei diese Spiele bei weitem nicht erreicht werden. Recht solide Kost, kommt aber ein paar Jahre zu spät.
Oregon war das andere HIG-Spiel. Man bringt Figuren aufs Brett und setzt diese möglichst in Nachbarschaft zu lukrativen Gebäuden oder eben umgekehrt. Landschafts- und Gebäudekarten sorgen für das Positionieren von Figuren und Gebäuden. Wiederum bekommt man Siegpunkte und Siegpunktchips (die jetzt noch geheim sind). Bei Spielende werden dann die ganzen geheimen Punkte noch dazuaddiert und aus ist der Zauber. Wiederum ein recht solides Spiel das mich an Origo (Koordinatensystem) und Hazienda erinnerte... ihr merkt schon, auch dieses Spiel kommt Jahre zu spät!
Abends traf ich mich noch mit den Verlagsleuten von QWG um meinen Prototyp (Porto Carthago) mit ihnen zu spielen. Wir konnten alle Regeldifferenzen klären und werden noch ein wenig an der Spieldauer und dem Spielfluss feilen. Ich bin mal für den weiteren Verlauf recht zuversichtlich.
Mein Fazit der Messe: viel Durchschnittliches, viel Solides, viel Gutes, aber kaum Herausragendes.
Wobei ich viele hochgehandelten Spiele (Tribun, Agricola, Im Jahr des Drachen, Amyitis, Cuba, Chang Cheng) noch gar nicht testen konnte. Die nächsten Wochen werden sicherlich Antworten geben können.
Die beiden Toppspiele kannte ich bereits vor Essen: König von Siam (ich weiß, ich bin vielleicht nicht unbefangen *g) und mein bisheriges Jahreshighlight: Phoenicia!
Andererorts hört man dieser Spielejahrgang ist deutlich besser als der letzte, das mag ich bis jetzt noch nicht bestätigen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Die Wiege der Renaissance"
Die Geschmäcker sind natürlich verschieden. Ich habe das Spiel ebenfalls in Essen gespielt und es kam gut an, so gut, daß 3 der 4 Spieler es sofort gekauft haben. Es ist ja auch nicht teuer. Viel Spiel für wenig Geld sozusagen. Deine Beschreibung kommt recht lustlos daher, deshalb vermute ich mal eine gewisse Messe-Übermüdung. Auch das häufige Nachfragen scheint dies zu bestätigen. Kompliziert ist das Spiel keineswegs, ist halt ab 12 Jahren.
Da Du Phoenicia als Highlight angibst, beileibe kein schlechtes Spiel, ist aber 4x komplexer als Die Wiege der Renaissance. Und während des Spielens von Phoenicia kam vom Thema überhaupt nix rüber (Hier frage ich mich auch, wie Ihr die Symbolik ohne Nachfragen gerafft habt ?). Aber wie gesagt, die Geschmäcker sind verschieden. Spielerische Grüsse Edmund

eisen hat gesagt…

Hi Edmund!

Danke für deinen Kommentar. Mag sein, dass wir es bei der Wiege der Renaissance nicht optimal erwischt haben (war gerade viel los am Stand um uns herum, und die Erklärung war auch etwas suboptimal). Es ist nicht so, dass ich das Spiel nicht gerne noch einmal testen würde... sogar sehr gerne in Ruhe!
Phoenicia ist thematisch gesehen ziemlich nahe null, das ist richtig und auf der Messe hätte ich es nicht spielen bzw. lernen wollen. Hatte es bereits vorher erworben und konnte es mehrfach spielen. Zugegebenermaßen unter Zuhilfenahme aller Internetrecherchen was Regelfragen angeht (Spielbox, BGG).

Viele Grüße Bernd